Fragestunden-Farce

Fragestunden entwickeln sich im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern mehr und mehr zur Farce. Eigentlich soll die Landesregierung öffentlich befragt werden können – ohne Netz und doppelten Boden. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus.

Die erste Absicherung für die Regierungsvertreter ergibt sich schon dadurch, daß die ersten Fragen eingereicht werden müssen. Da die Nachfragen aber immer noch unangenehm werden könnten, sichert man sich gleich doppelt ab.

Nach Möglichkeit erscheinen die Minister nämlich erst gar nicht. An ihrer Stelle antwortet ein fachfremder Minister – in der Regel natürlich nur das, was die Ministerial-Büttel ihm aufgeschrieben haben. Nachfragen verweist man dann lächelnd auf das Fachministerium. Man werde die Antwort nachreichen. Nichts mit Öffentlichkeit. Nichts mit Spontaneität.

Funktioniert auch das nicht, kommt der Deus ex machina, Sylvia Bretschneider, zum Einsatz. Wie einst die Glaubenskongregation der katholischen Kirche im Mittelalter legt sie die Geschäftsordnung aus und bestimmt, was Sache ist. Kritik? Nicht Erlaubt? Kontrolle? Fehlanzeige.

Erste Möglichkeit der Demokratie-Regie: Bemerkungen – da genügt schon ein "Sehr schön" des Abgeordneten Andrejewski auf eine ministerielle Leerantwort – werden umgehend gerügt, weil nach Geschäftsordnung nicht erlaubt. Frau Bretschneider imitiert die schlechte Karikatur eines preußischen Ministerialbeamten und entscheidet, was eine Bemerkung ist und was nicht. Weniger schneidig allerdings zischelt sie ihre Befehle an die frei gewählten Abgeordneten: "Sie haben eine Frage zu stellen, Sie haben…"

Zusatzfragen sind erlaubt, aber nur, wenn sie sich auf die Antwort des Ministers beziehen. Was aber Bezug hat und was nicht, das entscheidet die Bretschneider. Kritik? Nicht Erlaubt? Kontrolle? Fehlanzeige.

Aus dem Komödien-Geschehen ein Beispiel: "Ich lasse keine Frage mehr zu", so Bretschneider, den NPD-Abgeordneten Borrmann abwürgend. Zwischenbemerkung Udo Pastörs: "Das ist Demokratie." Darauf Präsidentin Bretschneider: "Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf und weise Sie darauf hin, daß Sie beim nächsten Ordnungsruf von der Sitzung ausgeschlossen werden." Ja, das ist Demokratie.

Mit zur Farce-Fragestunde trug auch Ministerin Polzin bei, die fachfremd für den durch Abwesenheit glänzenden Till Backhaus die Antworten genervt vortrug. Als Raimund Borrmann im Zusammenhang mit der Milchpreisproblematik nach weiteren Konzepten der Landesregierung fragte, ob denn das Landwirtschaftsministerium auch alternative Ideen hätte, wenn das liberal-kapitalistische System weiter zerbreche, machte Genossin Polzin, die sich schon auf dem Weg auf die Regierungsbank befand, kehrt, schaute unsicher in die Runde, bis ihr Frau Bretschneider half:

"Ich lasse diese Frage nicht zu."

Kritik? Nicht Erlaubt? Kontrolle? Fehlanzeige.

So kann man sich die Fragestunde sparen oder gleich ins gegenüberliegende Theater verlegen.
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 20. November 2008